Derzeit plant das Präsidium der FU eine weitreichende Neuregelung der allgemeinen Prüfungsangelegenheiten. Dazu erarbeitete die Hochschulleitung im Alleingang eine Rahmenprüfungsordnung, die universitätsweit gelten soll. Alle modularisierten Studiengänge der FU wären gleichermaßen betroffen.
Im Zuge dieses Prozesses werden nicht nur die Studierenden, sondern auch die akademischen Gremien der FU systematisch durch das Präsidium übergangen. Ein öffentlich gewordener Entwurf der geplanten Rahmenprüfungsordnung enthält zahlreiche restriktive, unsoziale und studierendenfeindliche Regelungen, welche offenbar am 20.06.2012 ohne weitergehende Diskussion vom Akademischen Senat der FU beschlossen werden sollen.
So sind in dem Entwurf u.a. FU-weit noch maximal zwei Wiederholungsversuche pro Modul vorgesehen. Die geplante Übergangsregelung für bereits immatrikulierte Studierende sieht vor, dass es einen letzten Prüfungsversuch für all diejenigen Studierenden geben soll, die bislang zwei Mal oder öfter eine Modulprüfung nicht bestanden haben. Verpflichtende Prüfungsberatungen als Mittel zur Auflagenerteilung sind laut Entwurf nunnehr quasi studienbegleitend konzipiert. Einige weitere Punkte gehen zudem weit über die Bestimmungen des Berliner Hochschulgesetz, welches letztes Frühjahr reformiert wurde, hinaus.
„Bei der Rahmenprüfungsordnung geht es um die Beseitigung vieler Regelungen – nämlich um nahezu alles, was in den Bildungsprotesten der letzten Jahre mühsam erstritten worden ist“ sagt Anne Schindler, hochschulpolitische Referentin des AStA FU. Anders als bei den Protesten der letzten Jahre brodelt es an der gesamten FU. „Die breite Masse der Studierenden hat eine klare Meinung zur geplanten Rahmenprüfungsordnung und ist entsetzt über die Art und Weise, wie demokratische Grundprinzipien und ihre Studienvorstellungen an der FU mit Füßen getreten werden. Es ist ein Skandal, dass der Berliner Senat derart undemokratische Verfahrensweisen einfach toleriert“, sagt Philipp Bahrt, Sozialreferent des AStA FU.
Am 06.06.2012 soll eine studentische Vollversammlung alle FU-Studierenden bezüglich der neuen Rahmenprüfungsordnung aufklären. Dabei wird es allerdings um mehr gehen, als nur um die geplante Reform. „Es ist ein Punkt erreicht, an dem das Demokratiedefizit an der FU einen solchen Grad erreicht hat, dass wir Studierende dies nicht länger einfach hinnehmen dürfen“, so Ronny Matthes, studentisches Mitglied des Akademischen Senats der FU.
Auch das Studierendenparlament hat auf seiner Sitzung am 24.04.2012 einstimmig eine scharfe Resolution gegen den vorliegenden Entwurf sowie die undemokratische Verfahrensweise des Präsidiums der FU verabschiedet:
Das 31. Studierendenparlament der FU Berlin fordert eine grundlegende Überarbeitung der seitens des Präsidiums für die FU geplanten Rahmenprüfungsordnung und weist den aktuellen Entwurf als extrem restriktiv und völlig inakzeptabel zurück.
Wir wenden uns insbesondere entschieden gegen die in dem Entwurf enthaltene Verschärfung von Zwangsexmatrikulationsmechanismen, die Regelungen zur potentiellen Ausweitung der Anwesenheitspflicht sowie gegen die massive Einschränkung der Prüfungswiederholbarkeit. Es existieren keinerlei Statistiken oder andere nachvollziehbare Gründe, welche die Notwendigkeit sowie die Verhältnismäßigkeit derart restriktiver Mechanismen belegen könnten. Auch die geplante Übergangsregelung für bisher immatrikulierte Studierende ist angesichts der Existenz einer erheblichen Anzahl Studierender, welche mit Inkrafttreten der Ordnung in mindestens einem Fall zwingend einen Drittversuch bestehen müssten, untragbar und muss dringend überarbeitet werden. Die Modulanmeldung darf darüber hinaus in keinem Fall mit der Prüfungsanmeldung verknüpft werden, um nicht noch zusätzlichen Druck zu generieren.
Eine Einbeziehung oder Information Studierender hinsichtlich des Erarbeitungsprozesses für die Rahmenprüfungsordnung war zu keinem Zeitpunkt gegeben und ist seitens des Präsidiums nach wie vor nicht geplant. Aus diesem Grund sind der gesamte Prozess sowie sein vorläufiges Ergebnis als undemokratisch zurückzuweisen.
Die geplante Rahmenprüfungsordnung stellt insgesamt einen breiten Angriff auf die Vielfalt und die Freiheit der Lehre dar und ist inhaltlich in weiten Teilen darauf ausgerichtet, Studierende erheblich unter Druck zu setzen. Dabei wirkt sich der steigende Leistungsdruck insbesondere auf sozial benachteiligte Studierende aus, die durch ihre persönliche Situation auf eine freie und flexible Studienstruktur und Zeiteinteilung angewiesen sind. Die Exzellenzinitiative sowie die Novellierung des BerlHG führen somit gleichermaßen zu einer unsozialen, rückwärtsgewandten und anti-emanzipatorischen Dynamik in der Hochschulbildung, welche es seitens aller beteiligten Akteure aufzuhalten gilt.