Im Protest gegen die geplante Rahmen- und Studienprüfungsordnung (RSPO) an der FU Berlin sind erste Erfolge zu verbuchen. Aufgrund des Drucks in der universitären Öffentlichkeit und vielfältiger Protestaktionen waren in der vorherigen Woche bereits die Regelungen zu Zwangsberatungen und die damit verbundenen Auflagen- bzw. Exmatrikulationsmechanismen gestrichen worden. Nun teilte FU-Präsident Peter-André Alt im Akademischen Senat mit, dass man ohne Zeitdruck an der RSPO arbeiten wolle. Auf der Juli-Sitzung des AS solle die Rahmenordnung noch nicht beschlossen werden. "Wir werden auch keine Feriensitzung dazu machen," so Alt. Studierende hatten zu Recht befürchtet, eine solche Sitzung könne genutzt werden, um die Ordnung in Abwesenheit der Studierenden zu beschließen.
Etwa zweihundert Studierende waren zur Sitzung des akademischen Senats erschienen. Sie zeigten sich gut gelaunt, aber entschlossen gegen die aus ihrer Sicht höchst restriktive Reform Haltung zu beziehen. Zunächst jedoch stießen sie auf verschlossene Türen. Unter Berufung auf zweifelhafte Sicherheitsbestimmungen tagte der AS unter Ausschluss der studentischen Öffentlichkeit und ließ nur eine Handvoll Vertreter_innen zu, obwohl in der Vergangenheit bereits ähnlich viele Menschen im Sitzungssaal Platz gefunden hatten. Die Studierenden ließen sich jedoch nicht entmutigen. Sie setzten sich vor die verschlossenen Türen und das Sicherheitspersonal, spannten Transparente auf und verliehen ihren Ansprüchen mit lauter Musik und Sprechchören Geltung. Der AS musste auf die Situation reagieren und verlegte den Tagesordnungspunkt zur RSPO in das Audimax. Statt sich hier aber mit dem Zuschauerraum zufrieden zu geben, nahmen die Studierenden kurzerhand auf Augenhöhe der AS-Mitglieder Platz. Sie setzten sich mit auf die Tribüne und forderten gleich zu Anfang volles Rederecht für alle Anwesenden, was ihnen niemand zu verwehren wagte. Entgegen den konsequenten Versuchen seitens der Hochschulleitung, die Reform auf undemokratische und intransparente Weise durchzudrücken, gelang es so, eine selten offene Diskussion zu führen.
An der knapp dreistündigen Diskussion beteiligten sich neben den AS-Mitgliedern und den anwesenden Studierenden auch Vertreter verschiedener Dekanate. Auch von ihrer Seite gab es Kritik an der steigenden Prüfungsbelastung, der engen Beschränkung von Wiederholungsprüfungen und generell Überregulierungen im aktuellen Entwurf. Von Seiten der Studierenden stand insbesondere die rigide Beschränkung von Wiederholungsprüfungen und das undemokratische Vorgehen in der Erarbeitung der Reform unter heftiger Kritik. Weiter ging es um restriktive Anwesenheitsregelungen, das nicht vorgesehene Teilzeitstudium, die weitere Verschulung und einen ökonomisch verkürzten Begriff von Studium, der in der Reform deutlich wird. Außerdem wurde die unsoziale Ausrichtung bemängelt, das gerade die Studierenden, die aus verschiedenen Gründen beeinträchtigt sind, besonders stark betroffen werden. "Die Gesamtausrichtung der derzeit für die RSPO geplanten Regelungen bedeutet auch nach der begrüßenswerten Streichung von Zwangsberatungsmechanismen eine strukturelle Benachteiligung vieler Studierender, die wir so nicht akzeptieren können", meint dazu Philipp Bahrt, Sozialreferent des AStA FU.
Was die Diskussion gebracht hat, ob das Präsidium tatsächlich, wie versprochen, auf die kritischen Punkte eingehen und alternative Regelungen vorschlagen wird – das bleibt abzuwarten. Die Studierenden werden den Prozess wachsam verfolgen und weiterhin Druck aufbauen. Schon am kommenden Mittwoch, 27.6.12, soll es eine Vollversammlung geben (14.oo Uhr, Hörsaal 1 a), zu der auch FU-Präsident Alt und Vizepräsident Bongardt eingeladen sind.