In einem Beitrag der tageszeitung vom 24.10.2012 verteidigt der Journalist Christian Füller Studiengebühren als emanzipatorisches Projekt und fordert ein intelligentes Modell im Sinne einer "demokratische[n] Studiengebühr" ein. Dabei verweist er auf ein Gebührenmodell, das die taz 2004 vorgelegt habe - lässt dabei jedoch ungenannt, dass er selbst dieses Modell vorlegte und damit innerhalb der taz auf einsamem Posten steht.
Auf die Argumente gegen Studiengebühren, die mittlerweile sogar tief bis in die CSU Anklang finden, geht Füller vorsichtshalber nur in verfälschter Form ein. So behauptet er etwa, Studiengebühren-Gegner würden in Studiengebühren die "Ursache sozialer Selektion" sehen, während sie doch tatsächlich im Schulsystem zu suchen sei. Vielleicht liegt es daran, dass die taz es Füller nicht gestattet hatte, über die Bildungsproteste der letzten Jahre zu schreiben, so dass sich Füller mit den Argumenten gegen Studiengebühren und den Inhalten der Proteste nicht auseinandersetzte. Studiengebühren sind selbstverständlich nicht die Ursache sozialer Selektion, das hat hoffentlich auch niemand behauptet, sie sind jedoch ebenso selbstverständlich ein Baustein sozialer Selektion, der entsprechend bekämpft gehört.
Inhaltlich unterscheiden sich Füllers Standpunkte nicht von denen der Initiative neue soziale Marktwirtschaft, einer Lobbyzentrale für neoliberale Politik, die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründet wurde. Mit diesen Standpunkten wurde sich bereits hinreichend auseinandergesetzt.
Der Unterschied ist eher, dass Füller sich linker Rhetorik bedient, um für seine neoliberalen Ansichten zu werben. So zitiert er etwa Marx mit den Worten: "Wenn in einigen Staaten höhere Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel zu bestreiten." Dass jedoch die Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft sich seit dem Jahr 1875 entscheidend geändert hat und somit auch die Hochschulstruktur der letzten 140 Jahre einer starken Wandlung ausgesetzt war, müsste eigentlich auch Füller erkennen. Ansonsten sei ihm der 13. Band der Hochschulpolitischen Reihe des AStA FU empfohlen.
Folgerichtig kommt Füller zu dem Schluss, die Allgemeinen Studierendenausschüsse kämpften für den von Papi bezahlten Skiurlaub. Dass zwei Drittel der Studierenden neben dem Studium arbeiten und eine zusätzliche Belastung von jährlich 1000 bis 2000€ eben gerade diejenigen nicht leicht wegstecken können, die bereits jetzt wenig haben, dürfte eigentlich auch dem letzten taz-Autor klarwerden, der anscheinend in gutbürgerlicher Familie mit klassischem Ernährermodell aufgewachsen ist.
Auf einen Punkt Füllers sollte dann jedoch noch eingegangen werden: der Vorschlag, die Studierenden sollten ihre eigenen Gebühren verwalten dürfen, an der FU wären es bei 500€ pro Semester und rund 30.000 Studierenden jährlich etwa 30 Millionen €. Die Studierenden der FU und mit ihnen die Studierendenausschüsse kämpfen seit Jahrzehnten für die Demokratisierung der Hochschulen, in welcher die Mitglieder der Hochschulen gleichberechtigt die Hochschulen selbstverwalten. Wer also die Demokratisierung fordert, sollte sich diesem Kampf anschließen, anstatt die Studierendenausschüsse noch als "AStA-Fritzen" zu verunglimpfen.