Am Montag, 27.11.2023, haben Bund und Länder überraschenderweise doch noch das Deutschlandticket für Studierende beschlossen. Wir als Berliner Studierendenvertretungen begrüßen grundsätzlich die Aussicht auf ein deutschlandweites, solidarisch finanziertes Semesterticket, wie es das Modell vorsieht.
Es ist längst überfällig, ÖPNV für Studierende bundesweit zugänglich zu machen. Klimagerechte Mobilität lässt sich nur günstig und flächendeckend verwirklichen. Das aktuelle Angebot stellt aus unserer Sicht allerdings nur das absolute Minimum dar, das es schon vor Monaten hätte geben können und sollen.
Zunächst ist die behauptete Preisgünstigkeit des Angebots in Frage zu stellen. Uns wurde keine Preisgarantie für den monatlichen Betrag von 29,40€ in Aussicht gestellt, bereits bei Einführung des Tickets hieß es, dass Preissteigerungen zu erwähnen sind. Rund ein Drittel der Studierenden in Deutschland leben in Armut, noch höhere Ticketpreise sind für uns Studierende nicht tragbar.
Deshalb sehen wir die Kopplung des Preises eines bundesweit gültigen Semestertickets an das Deutschlandticket kritisch. So müssen wir nicht nur bereits jetzt schon mit Preiserhöhungen rechnen, sondern auch um den langfristigen Bestand bangen. Denn die dauerhafte Aufrechterhaltung des regulären Deutschlandtickets ist nicht garantiert und die Bezuschussung wurde schon mehrfach von der Politik infrage gestellt. Was passiert dann mit dem Deutschlandticket für Studierende? Ein Ticket nach dem aktuellen Modell ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber noch lange nicht das, was für Studierende preislich langfristig annehmbar ist. Wir Studierendenschaften fordern nach wie vor langfristige Planungssicherheit und Preissicherheit!
Auch die Konditionen des Deutschlandtickets für Studierende sind nicht ideal. Es ist zu begrüßen, dass Studierende jetzt die Möglichkeit bekommen, in ganz Deutschland den ÖPNV nutzen zu können und viele werden davon bestimmt regelmäßig Gebrauch machen. Allerdings soll das neue Ticketmodell keine Fahrradmitnahme beinhalten. Diese ist allerdings notwendig, wenn man die Lebenssituation vieler Studierender in Berlin beachtet.
"Ich wohne leider in einer schlecht angebundenen Region, in der ich ohne Fahrrad nicht wirklich zum nächsten S-Bahnhof komme", berichtet eine FU-Studentin uns gegenüber. "Wenn ich mein Fahrrad nicht mehr mit in die Bahn nehmen kann, bin ich in meiner Mobilität erheblich eingeschränkt." Oftmals finden Studierende aufgrund der Wohnungsknappheit keine andere Wohnung oder die Mieten sind in unmittelbarer Nähe einer Station zu teuer. Diese Studierenden sind auf ein Fahrradticket angewiesen. Nun sollen alle, die aus finanziellen Gründen auf eine direkte Anbindung zum ÖPNV verzichten müssen, monatlich noch mehr Geld für den ÖPNV ausgeben, nur um ihr Fahrrad mitnehmen zu können?
Das Wichtigste ist aber wohl, dass die Zeit drängt. Nähere Informationen sind aktuell dringend notwendig, wenn es zum Sommersemester 2024 das Deutschlandticket für Studierende auch in Berlin geben soll. Wie wir in der Vergangenheit bereits häufig betont haben, müssen die einzelnen Studierendenschaften in den nächsten Tagen bereits den jeweiligen Hochschulleitungen Kennzahlen zu den abzuschließenden Ticketverträgen übermitteln, um so die Umsetzung bis zu dem Sommersemester möglich zu machen. Dabei sind die Studierendenschaften zur Einhaltung von Fristen verpflichtet, die nicht verschoben werden können und teilweise in der ersten Dezemberwoche liegen. Falls wir nicht schnellstmöglich Vertragsentwürfe und weitere Informationen zum Deutschlandticket für Studierende erhalten, würden tausende Studierende in Berlin weder von dem Deutschlandticket für Studierende profitieren, noch überhaupt den ÖPNV nutzen können.
Es muss dringend verhindert werden, dass die Berliner Studierenden bald ganz ohne Fahrkarte dastehen. Deshalb brauchen wir Studierenden jetzt weitere Informationen und fordern die Berliner Verkehrsbetriebe auf, auf unsere Forderungen einzugehen und uns rechtzeitig Vertragsentwürfe zuzusenden, damit die Berliner Studierenden auch im nächsten Semester von einem Semesterticket profitieren können.
Auch der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerkes Matthias Anbuhl teilt unsere Kritik und äußerte sich wie folgt zur aktuellen 29,40€ Vorlage: "Sie wurde ohne Beteiligung der Studierenden getroffen. Sie müssen künftig in die Verhandlungen mit einbezogen werden."
Unsere Forderungen nach Preisgünstigkeit, Transparenz und Planungssicherheit haben wir bereits vor Monaten öffentlichkeitswirksam in einem offenen Brief geäußert, der weitreichende Unterstützung erfahren hat. Wir sehen nicht, dass darauf eingegangen wird und halten an unserer Position fest.
Landesastenkonferenz Berlin