Offener Brief des ASTA FU an den Präsidenten der FU

Sehr geehrter Herr Alt,

der AStA FU verurteilt die von Ihnen eingeleitete Räumung des Seminarzentrums. Es verwundert zu sehen, wie Sie begonnen haben, an Ihrem eigenen Stuhl zu sägen. Immerhin versprachen Sie einen neuen, kommunikativeren Stil, wollten brachliegende Dialogfelder beschreiten und die von Ihrem autoritären Vorgänger zersprengten universitären Gruppierungen wieder zueinander führen. Von diesem Image lebte Ihr präsidiales Walten und ließ einiges verzeihen, was unter Herrn Lenzen skandalisiert worden wäre. Nun wählten Sie einen Polizeieinsatz, wie er viele Jahre nicht mehr an einer bundesrepublikanischen Hochschule gesehen wurde: 150 Polizeibeamte mit Kampfhunden räumten 100 Studierende, die seit einigen Stunden über Hochschulpolitik diskutierten und für ihr Anliegen einen sichtbaren und zentral gelegenen Ort gewählt hatten. Über 50 Studierende der Freien Universität überzogen Sie mit Hausfriedensbruchanzeigen. Auch ein Journalist der Jungen Presse wurde nicht verschont.
Ihr offener Brief an die Studierenden wirft dabei mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. Sie stünden weiter für einen offenen Dialog, schreiben Sie, und verwenden das Wort „höflich“ für das Verhalten der Universitätsleitung. Nun, Zivilpolizei auf dem Campus finden wir nicht höflich. Unter Androhung staatlicher Gewaltmaßnahmen einen abgelegenen Raum zum Diskutieren anzubieten, wenn Besetzen zum Ziel hat, einen Missstand visualisiert anzuprangern, ist kein offener Dialog. Wenn Sie vorschlagen, die Studierenden hätten doch im AStA diskutieren können, sollten Sie das kolossale Präsidiumsgebäude verlassen und sich die räumlichen Realitäten an der Universität vergegenwärtigen. Studierende, welche den Raummangel aufgrund universitärer Unterfinanzierung thematisieren, mit dem Argument der Raumknappheit zu räumen, ist aberwitzig. Wie Sie schließlich den Polizeiknüppel mit den Begriffen „Dialog“ und „Höflichkeit“ vereinen, bleibt Ihr privates Geheimnis. Von den Sorgen und Perspektiven der Studierenden haben Sie sich jedenfalls so weit entfernt, dass ein Dialog vielleicht wirklich nicht weiterführt. Dies zumindest ist die Botschaft Ihres Briefes. Die schlicht falsche Behauptung, die Studierenden der Humboldt Universität hätten einen studentischen Aufenthaltsraum besetzt, übergehen wir unsererseits höflich mit dem Hinweis auf eine Duldung der Besetzung durch das dortige Präsidium.
Man muss wohl von Glück sprechen, dass die Polizei nicht wie in der University of California zu Reizgas griff. Dort jedenfalls führte der Polizeieinsatz zu personellen Konsequenzen, wortreichen Entschuldigungen der Kanzlerin und zu einer Task Force zur nachträglichen Untersuchung des Vorfalls. An der Freien Universität hingegen scheinen vorgeschobene Gründe zu reichen, um einen gewaltsamen Einsatz gegen protestierende Studierende zu legitimieren.
Herr Alt, wir fordern von Ihnen die sofortige Rücknahme der Anzeigen und eine öffentliche Entschuldigung bei den Studierenden der Freien Universität.

Mit freundlichen Grüßen

AStA FU