Die Studierendenschaft der "Freien" Universität Berlin lädt für Mittwoch, den 13. Juni 2012, um 14 Uhr zu einer Vollversammlung und einem Runden Tisch im Hörsaal 1a ein. Zusammen mit den Lehrenden, den Mitarbeitenden und dem Präsidium möchten die Studierenden dort über die Rahmenstudien- und -prüfungsordnung (RSPO) diskutieren, die bereits am 20. Juni im Akademischen Senat der FU auf der Tagesordnung stehen wird. Am Runden Tisch soll die bislang nicht vorgesehene Beteiligung der Studierenden an der Erstellung der Rahmenprüfungsordnung eingefordert und ein Demokratisierungsprozess für die "Freie" Universität in Gang gesetzt werden.
Mit der Rahmenprüfungsordnung sollen universitätsweit restriktive Regelungen getroffen werden, die den Leistungsdruck im Studium verschärfen: Nicht bestandene Prüfungen können demnach künftig nur noch zwei Mal wiederholt werden, dann folgt die Exmatrikulation. Das System der verpflichtenden Zwangsberatung, mit Auflagen für den weiteren Studienverlauf und der Exmatrikulation, wird ausgebaut und droht Studierenden bald schon ab dem dritten Semester . Auch die Anwesenheitspflicht, deren weitgehende Aussetzung 2009 ein Erfolg des damaligen Bildungsstreiks war, wäre nach der neuen Ordnung wieder eingeführt.
Der Runde Tisch ist der nächste Schritt der wachsenden Protestbewegung gegen die geplante Rahmenprüfungsordnung. Auf einer vorherigen Vollversammlung war am 6. Juni von etwa 800 Studierenden ein Offener Brief verabschiedet worden. Neben der intransparenten Verfahrensweise des Präsidiums, das den Entwurf der Ordnung vor den Studierenden bis kurz vor der Verabschiedung geheim halten wollte, kritisieren sie darin den unsozialen Charakter vieler Regelungen: "Es werden zudem Studierende mit Behinderungen, chronischen und akuten Erkrankungen (z.B. physisch, psychisch) sowie Berufstätige und Studierende mit Kind nicht ausreichend bzw. gar nicht berücksichtigt. Studierende mit Teilleistungsstörungen werden gar nicht berücksichtigt. Dies entspricht weder den Menschenrechten (Recht auf Persönlichkeitsentfaltung) noch ist es zeitgemäß in unserer pluralistischen Gesellschaft", so Philipp Bahrt, Sozialreferent des AStA FU.
Im Anschluss an die Vollversammlung zogen über 300 Studierende in einer Spontandemonstration zum Sitz des Präsidiums um dort ihren Brief und 2200 Unterschriften gegen die Rahmenprüfungsordnung zu überreichen. Zunächst wurden sie mit heruntergelassenen Rollläden und einer verschlossenen Tür begrüßt. Später erschienen FU-Kanzler Peter Lange sowie die Vizepräsidentin für Forschung, Brigitta Schütt. Beide bezeichneten die neuen Regelungen als "im Interesse der Studierenden," beriefen sich auf Sachzwänge und lehnten eine Beteiligung am Runden Tisch ab.
Falls die Universitätsleitung die Teilnahme am Runden Tisch verweigert, wird auf der Vollversammlung das weitere Vorgehen gegen die neue Rahmenprüfungsordnung geplant. Für eine zahlreiche studentische Präsenz auf der nächsten Sitzung des Akademischen Senats am 20. Juni wird bereits mobilisiert. Bereits im Mai hatten 100 Studierende an einer Sitzung des AS teilgenommen und ihren Unmut geäußert.
Termine
13. Juni, 14 Uhr, Hörsaal 1a, Habelschwerdter Allee 45: Vollversammlung und Runder Tisch
20. Juni, 15 Uhr, AS-Sitzungssaal im Henry-Ford-Bau, Garystraße 35: Akademischer Senat
Offener Brief der Studierendenschaft
Wir, empörte Studierende der Vollversammlung der „Freien“ Universität, wehren uns gegen die Einführung neuer restriktiver und studierendenfeindlicher Maßnahmen in Form der derzeit vom Präsidium geplanten Rahmenstudien- und prüfungsordnung (RSPO).
Dabei lehnen wir die geplante Erhöhung der Prüfungslast und hierbei die restriktivst mögliche Auslegung des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) ab. Insbesondere:
die Beschränkung der möglichen Prüfungswiederholungen,
die Verschärfung der Zwangsberatung und möglicher Exmatrikulation bei Nichteinhalten auferlegter Maßnahmen,
die Regelungen zur potentiellen Ausweitung der Anwesenheits- und aktiven Teilnahmepflicht als Voraussetzung der Prüfungszulassung.
Die geplante RSPO stellt einen breiten Angriff auf unsere Freiheit dar und ist darauf ausgerichtet, Studierende noch mehr unter Druck zu setzen. Es werden zudem Studierende mit Behinderungen, chronischen und akuten Erkrankungen (z.B. physisch, psychisch) sowie Berufstätige und Studierende mit Kind nicht ausreichend bzw. gar nicht berücksichtigt. Studierende mit Teilleistungsstörungen werden gar nicht berücksichtigt. Dies entspricht weder den Menschenrechten (Recht auf Persönlichkeitsentfaltung) noch ist es zeitgemäß in unserer pluralistischen Gesellschaft.
Der Entwurf der RSPO wurde ohne Beteiligung der Studierenden erstellt und sollte möglichst lange geheim gehalten werden. Diese intransparente Vorgehensweise macht eine öffentliche und offene Debatte unmöglich und soll uns vor vollendete Tatsachen stellen.
Wir fordern direkte und uneingeschränkte Beteiligungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Studierendenschaft an der Ausarbeitung der RSPO und überhaupt an allen hochschulpolitischen Entscheidungsprozessen.
Aus diesem Anlass laden wir alle Lehrenden und Mitarbeiter_innen zur gemeinsamen Diskussion im Rahmen eines offenen Runden Tisches am Mittwoch, den 13. Juni 2012 um 14 Uhr im Hörsaal 1a der Silberlaube ein. Hier wollen wir uns auch über unser Bild von Studium, Lehre und Mitbestimmung verständigen.
Empörte Studierende der Vollversammlung der „Freien“ Universität
Berlin, den 6. Juni 2012