Pressemitteilung vom 09.07.12
In der Sitzung des Akademischen Senats (AS) der FU Berlin am 11.07.2012 soll die Hälfte der Mitglieder des FU-Kuratoriums neu besetzt werden. Dabei handelt es sich um fünf sogenannte außeruniversitäre Mitglieder. Diese "Wahl" muss gemäß seit 1998 geltender „Teilgrundordnung (Erprobungsmodell)“ der FU alle zwei Jahre im Konsens zwischen AS und FU-Präsidium erfolgen. Zum ersten Mal seit Bestehen dieses sogenannten aktiven Kuratoriums, welches in seiner jetzigen Form auf die Teilgrundordnung zurückgeht, versucht das FU-Präsidium nun, diese "Wahl" in den nicht-öffentlichen Teil des AS zu verlagern.
Vor 1998 gab es ein breiter aufgestelltes FU-Kuratorium, das auf Grund der "Erprobung" nach § 7a BerlHG bis in die jüngste Zeit nur "geruht" hatte und ebenfalls noch alle zwei Jahre pro forma gewählt worden war: durch Urwahl der FU-Mitglieder und durch das Abgeordnetenhaus von Berlin. Damals hatten noch alle FU-Mitglieder Einfluss auf die Besetzung dieses wichtigen Gremiums. Heute handelt es sich um eine AS-Benennung (für den akademischen Teil) sowie - im Konsens mit dem FU-Präsidium - um eine nur vermittelte AS-Wahl (für den außeruniversitären Teil). Beide werden in der Regel nur formell durch die Berliner Senatsverwaltung abgesegnet.
Die nunmehr vorgesehene rechtlich zweifelhafte Nicht-Öffentlichkeit entzieht die Kuratoriums-"Wahl" endgültig jeder öffentlichen Debatte und Mitbestimmung der FU-Angehörigen. Es stellt zudem den expliziten Versuch dar, den AS-Mitgliedern durch eine Schweigepflicht über nicht-öffentliche AS-Sitzungen und über die Kandidierenden dieser "Wahl" jegliche weitergehende Handhabe diesbezüglich zu nehmen.
Es entsteht der Eindruck, dass das Präsidium auf Basis der "Teilgrundordnung" sowie verfahrenstechnischer Instrumente versucht, auf undemokratische Weise Mehrheiten für seine politischen Ziele in den Gremien der FU zu installieren. So bestand die Hälfte des Kuratoriums schon in der Vergangenheit aus Besetzungen Ex-FU-Präsident Dieter Lenzens, die sich mithin vor Allem diesem gegenüber verantwortlich fühlten - ähnlich benannte es in einer Kuratoriumssitzung der vergangenen Jahre etwa das ehemalige außeruniversitäre Kuratoriumsmitglied Thomas Sattelberger, das inzwischen durch den Landesbank-Vorsitzenden Johannes Evers ersetzt wurde. Die Nicht-Öffentlichkeit der bevorstehenden "Wahl" treibt diese an der FU gepflegte Hinterzimmer-Politik auf die Spitze.
Das Kuratorium übt, zum Teil unabhängig, zum Teil zusammen mit der Berliner Wissenschaftsverwaltung, die Aufsicht über die FU aus und kann über die FU in grundsätzlichen Angelegenheiten entscheiden. Es kann selbst entscheiden, was es für grundsätzlich hält, und damit im Extremfall auch den AS in seinem eigenen, akademischen, Entscheidungsbereich überstimmen. Unter Anderem regulär beschließt es zusammen mit dem Präsidium über deren Haushalt, über Vorschläge zur Präsidiumswahl sowie mit über Änderungen der "Erprobung" und der "Teilgrundordnung". Es soll eine effektive Schnittstelle zwischen Staat, Universität und insbesondere der Gesellschaft darstellen.
„Es ist – vorsichtig formuliert – fraglich, ob ein maßgeblich von der Universitätsleitung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit besetztes Gremium diese Mittlerrolle tatsächlich ausüben kann“, sagt Philipp Bahrt, Sozialreferent des AStA FU. „Dabei ist zu erwarten, dass der derzeitige Prozess einmal mehr einer Vereinfachung von Entscheidungsprozessen im Sinne der auch für die Exzellenzinitiative so wichtigen Steuerbarkeit dienen soll. Demokratische Grundprinzipien werden dafür wiederholt und wissentlich vernachlässigt“, ergänzt Mathias Bartelt, studentisches Mitglied des Akademischen Senats.