Während aus der Studierendenschaft viel Unterstützung gegen rechte Dozierende und Diskriminierung kommt, hält sich die Leitung der FU zurück und lässt Betroffene alleine. Eine klare Positionierung des FU Präsidiums lässt auf sich warten.
In der Auseinandersetzung um den Bioinformatiker Michael Grünstäudl droht ein Gerichtsverfahren gegen die Studierenden der Freien Universität, die sich gegen den rechten Dozierenden zur Wehr setzen. Grünstäudl hatte gegenüber der Zeitung taz angekündigt, gegen den AStA FU als Initiierende der Kampagne "Rechte Ideologien exmatrikulieren" zu klagen. Der Dozent fühlt sich zu Unrecht von uns angegriffen - das ist keine Überraschung, denn wie schon zuvor berichtet, streitet Grünstäudl jede Verantwortung dafür ab, neofaschistische Inhalte (zum Beispiel Videos von Martin Sellner der Identitären Bewegung) auf seinem GitHub-Profil verbreitet zu haben. (Nähere Infos zu den Vorkommnissen hier und hier)
Unterdessen organisiert die Kampagne weiterhin öffentlichen und uniinternen Protest gegen Grünstäudl sowie alle anderen Dozierenden und Strukturen an der FU, die menschenfeindliche Ideologien verbreiten und sich rassistisch, sexistisch oder anderweitig diskriminierend verhalten. So fand zum Beispiel am 16.02.2022 eine Kundgebung vor dem (immer noch nicht umbenannten) Henry-Ford-Bau statt, während im Gebäude der erweiterte Akademische Senat der FU Günter Ziegler erneut zum Präsidenten der Uni wählte. Knapp 100 Studierende zeigten auf der Kundgebung sowohl ihre Unzufriedenheit mit dem Pandemiemanagement der FU als auch die Forderung nach einer Universität, in der Studierende frei von Diskriminierung und rechten Ideologien lernen und arbeiten können.
Von der Universitätsleitung kommt unterdessen weiterhin keine Unterstützung. Das Habilitationsverfahren Michael Grünstäudls läuft weiterhin am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharamzie, trotz der Ablehnung des interdisziplinären Habilitationsverfahren durch den Fachbereichsrat Mathematik und Informatik, aber das scheint die FU-Leitung wenig zu interessieren. Beschwerden des AStA dazu wurden bislang ignoriert. Wir fordern von der Unileitung und den Fachbereichen Biologie, Chemie, Pharmazie und Mathematik und Informatik, das Verfahren endgültig und schnellstmöglich zu stoppen! (Nähere Infos hier)
Auch bei der Sitzung des Akademischen Senats am 2.3. reagierten dessen Mitglieder sowie das Präsidium kaum auf unsere Nachfragen zum Fall Grünstäudl. Es hätte ein Gespräch über die Personalie gegeben, bei dem der Fall "ausreichend besprochen" worden sei. Das Gespräch, an dem auch Vertreter*innen des AStA FU und des Fachbereichs Biologie teilgenommen hatten, ergab jedoch nichts weiter als eine Infomail an Erstsemester-Studis. Dass Studierendenvertreter*innen zuvor von sexistischen Diskriminierungen durch Grünstäudl berichtet hatten, wurde mit keinem Wort erwähnt.
Die Aufforderung, diskriminierende Strukturen an der FU abzubauen, wurde von Ziegler mit dem Verweis auf vorhandene "Diversity-Strukturen" abgewiegelt. Diskriminierungen seien Teil der Gesellschaft und daher auch an der Universität immer präsent. Diese Haltung ist äußerst problematisch, da weder Unterstützung für die Betroffenen geleistet, noch aktiv etwas getan wird, um den unzumutbaren Status Quo zu verändern.
Die Überforderung der Universität im Umgang mit Diskriminierung wird aktuell auch am Fachbereich Physik deutlich. Hier kam es zu menschenverachtenden Beleidigungen gegen Studierende, die nun alle Mühe haben, irgendwen an der Uni zu finden, der*die sich dazu im Stande sieht, effektiv etwas zu tun. Eigentlich zuständige Beratungsstellen wissen selbst nicht, wie sie reagieren sollen, Studierende werden erneut mit sexistischen Anfeindungen sowie rassistischen und Nazi-Kommentaren in Chats und Online-Treffen allein gelassen.
Erneut sind es die Betroffenen selbst, die sich für eine Änderung der Strukturen einsetzen. Anfang des Sommersemesters soll es nun eine kritische Orientierungswoche für MINT-Fächer geben, bei der Studierende sich über Diskriminierungsformen informieren und Betroffene sich zusammenschließen und gegen die Zustände an ihren Fachbereichen organisieren können.
Wir erwarten jetzt eine klare Positionierung der FU. Die Unileitung reagiert weder auf Presseanfragen zum Thema, noch lässt sie irgendein Willen erkennen, sich ernsthaft mit dem Problem rechter Ideologien und Diskriminierung an der FU zu beschäftigten. Auch müssen statt ständiger Verweise auf Diversity-Strategien endlich Taten folgen.
Unsere gesamten Forderungen sind hier zu finden.