Zwischenstand: Rechtliche Einschätzung & praktische Tipps zu Zwangsberatungen an der FU Berlin

Nun, da es bald wieder so weit ist, und die FU - mindestens teilweise ohne Rechtsgrundlage - flächendeckend zu Zwangsberatungen einlädt, ist es an der Zeit, ein wenig Klarheit in den Paragraphen-Dschungel zu bringen. Leider hat die FU sich bislang noch nicht zu einer von uns gestellten Anfrage geäußert, in der es um die Rechtswidrigkeit der weiter stattfindenen "Vorladungen" zu Zwangsberatungen an der FU geht. Daher möchten wir euch an dieser Stelle über eure Rechte und Pflichten im Kontext von Zwangsberatungen an der FU aufklären, damit ihr nichts unterschreibt, was ihr nicht unterschreiben braucht, aber eben auch nichts nicht unterschreibt, was ihr hättet unterschreiben sollen.
Zunächst einmal allgemein zu den Zwangsberatungen an der FU. Die Rechtsgrundlage für Zwangsberatungen geht auf die Satzung für Studienangelegenheiten (SfS) zurück. Dort geht aus §13 (3), (4) SfS in Verbindung mit §11 SfS hervor, dass in bestimmten Fällen für die Rückmeldung zum nächsten Semester die Bescheinigung über die Teilnahme an einer sog. Prüfungsberatung einzureichen und ggf. die Erfüllung bereits erteilter Auflagen nachzuweisen ist.
Da jedoch das Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) vorschreibt, dass solche Beratungen einer Regelung in der vor nicht allzu langer Zeit neu beschlossenen Rahmenstudien- und -prüfungsordnung (RSPO) bedürften, gibt es Unterschiede für Diplom/Magister und Bachelor/Master-Studierende. Für Diplom und Magister-Studierende besteht die SfS nämlich gemäß RSPO ausdrücklich fort, während für Bachelor und Master-Studierende ausschließlich die RSPO gilt, welche keine Zwangsberatungen mehr vorsieht. Somit ist die SfS, also die Rechtsgrundlage für die Zwangsberatungen, nach Auffassung des AStA FU für Bachelor/Master-Studierende definitiv nichtig und somit obsolet - für Diplom/Magister-Studierende ist sie allerdings, auch wenn es viele Gründe gibt vom Gegenteil auszugehen, eventuell noch gültig. Die FU wendet die SfS für Diplom/Magister-Studierende in jedem Fall noch an, womit sie darüber hinaus gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen dürfte. Allerdings könnte die RSPO möglicherweise rechtswidrig erlassen worden sein und somit selbst nichtig sein, womit eventuell wieder generell die SfS gültig sein könnte. Dies wollen wir an dieser Stelle vernachlässigen.
Ob die SfS, die einzige existierende Rechtsgrundlage für Zwangsberatungen und Auflagen an der FU, allerdings überhaupt Gültigkeit besitzt ist bislang ebenfalls nicht höchstrichterlich geklärt und stark umstritten. Wir vertreten die Auffassung, dass die SfS zu jeder Zeit seit ihrer Einführung rechtswidrig war und einen Verstoß sowohl gegen das alte, als auch gegen das neue BerlHG darstellt. Damit halten wir im Grundsatz nicht nur die praktische Ausgestaltung von Zwangsberatungen in vielen Fällen für rechtswidrig, sondern auch Zwangsberatungen an sich! Allerdings müssen wir bei unseren Empfehlungen an euch auch berücksichtigen, dass in vielen Feldern eine massive Rechtsunsicherheit für Studierende besteht, welche im schlimmsten Fall in einem Klageverfahren mit einem erheblichen Kostenrisiko münden kann.
Daher sollten alle Studierenden Einladungen zu Zwangsberatungen IN JEDEM FALL ernst nehmen! Zur Kategorisierung findet ihr hier hier nichtsdestotrotz eine kurze Darstellung der potentiellen Unterschiede für verschiedene Gruppen von Studierenden:

Diplom/Magister-Studierende sollten aufgrund der Gefahr, dass für sie tatsächlich die SfS gelten könnte (insoweit sie auf Basis der von der FU angesetzten Fristen verpflichtet sind zur Zwangsberatung zu gehen), in jedem Fall zur Zwangsberatung gehen, sofern sie eine entsprechende Einladung erhalten. Ansatzpunkte für ein Vorgehen gegen etwaige in diesem Rahmen bereits erteilte Auflagen sind allerdings generell durchaus denkbar, wenn ihr unsere unten aufgeführten Tipps beachtet und rechtzeitig Hilfe bei uns sucht. Am besten aber unterschreibt ihr keine Auflagen und setzt euch noch vor einer potentiellen Auflagenerteilung mit unserer Hochschulberatung in Verbindung.

Bachelor/Master-Studierende, die in der Vergangenheit keine Auflagen bekommen haben, sind rechtlich aus unserer Sicht nicht dazu verpflichtet an Zwangsberatungen teilzunehmen. Sollte die Universität dennoch dazu auffordern und würde diese bei Versäumnis tatsächlich eine Rückmeldesperre verhängen, wären die betreffenden Studierenden aber dazu gezwungen, ihr Recht aufwändig per Klage gegen den dann zunächst erlassenen Exmatrikulationsbescheid durchzusetzen. Daher sollten am besten auch diese Studierenden die Zwangsberatung ernst nehmen und hingehen. Zudem sollte in diesen Fällen bei Auflagenerteilungen unmittelbar ein Widerspruch erfolgen (beispielsweise mit dem Verweis auf die de facto für die Beratung fehlende Rechtsgrundlage), welcher auch im Beratungs-Protokoll vermerkt werden sollte. Hier solltet ihr in keinem Fall Auflagen unterschreiben und euch mit unserer Hochschulberatung in Verbindung setzen.

Bachelor/Master-Studierende, die bereits in der Vergangenheit Auflagen bekommen und unterschrieben haben, sollten diese unbedingt ernst nehmen, da die FU eventuell darauf bestehen darf, dass unterschriebene Auflagen unabhängig von deren Rechtmäßigkeit erfüllt bzw. überprüft werden. Allerdings lohnt sich auch hier bei Problemen und Unklarheiten unbedingt eine nähere Prüfung durch unsere Hochschulberatung, die ihr auch in diesem Fall zeitnah konsultieren solltet. In vielen Fällen kann man sich auch hier gegen eine drohende Exmatrikulation wehren.

Prinzipiell sind für die Zwangsberatungen - so die denn stattfinden - auch von den beratenden Professor*innen gewisse Vorgaben zu erfüllen, welche aus den sog. Richtlinien zur Prüfungs- und Abschlussberatung resultieren. Aus diesen - insbesondere Nr. 5 und Nr. 5 (5) - wiederum ergibt sich u.a., dass die "persönlichen Umstände zu berücksichtigen [sind], die einer Einhaltung der im Beratungsgespräch vorgesehenen Frist entgegenstehen oder der Erfüllung der Auflage bis zum Zeitpunkt der Überprüfung entgegenstanden". Auf die Berücksichtigung dieser Richtlinien solltet ihr bei Zwangsberatungen mindestens bestehen und in diesem Zusammenhang darauf achten, dass alles sauber protokolliert wird. Bei der Erteilung von nicht nachvollziehbaren Auflagen oder auch im Allgemeinen, empfielt es sich, direkt Widerspruch gegen die Auflagenerteilung einzulegen, diesen zu begründen und ebenfalls protokollieren zu lassen. Auch könnt ihr eine Zeugin oder einen Zeugen zu eurem Beratungstermin mitnehmen, um ggf. den Hergang des Beratungsgesprächs beweisen zu können.
Wichtig ist in diesem wie in den meisten Fällen, dass alle Schritte zeitnah erfolgen. Bei Problemen und Fragen solltet ihr so früh wie möglich unsere kostenlose Hochschulberatung konsultieren. Lasst euch nicht einschüchtern und unterschreibt nichts voreilig!
----- dieser Artikel wurde ggü. der ursprünglichen Version vom 14.01.2014 leicht verändert, um einige Unklarheiten und missverständliche Formulierungen zu beseitigen -----