Diskriminierung 2.0 – Rassistisches Bewerbungsverfahren für ausländische Studienbewerber*innen soll noch teurer werden

Die rassistisch anmutende Bewerbungspraxis für Studienbewerber*innen mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung über den Verein uni-assist e.V. soll nun zu allem Überfluss auch noch teurer werden. Bereits seit einigen Jahren werden ausländische Studienbewerber*innen für die Bearbeitung ihrer Bewerbungen an der FU Berlin zur Kasse gebeten. Auch 141 andere Hochschulen haben die Bearbeitung von Bewerbungen an uni-assist e.V. outgesourced. Das Ergebnis sind Diskriminierung und Rechtsunsicherheit für diejenigen, denen das Verfahren aufgezwungen wird. Studierendenvertretungen, -verbände und Hochschulgruppen laufen Sturm. Sie wollen nicht noch mehr Diskriminierung, sondern eine moderne, offene, vielfältige und diskriminierungsfreie Hochschule. Der AStA FU fordert die FU Berlin auf, die Beitragserhöhung nicht mitzumachen und stattdessen gänzlich aus dem diskriminierenden und schlicht nicht zeitgemäßen Verfahren auszusteigen. Auf der Mitgliederversammlung von uni-assist e.V. am 28.03.2014 sollen die Erstbewerbungsgebühren für Studienbewerber*innen aus der EU von 43 auf 75, die von Studienbewerber*innen von außerhalb der EU von 68 auf 75 Euro erhöht werden. Ausländische Studienbewerber*innen müssen sich bereits an 141 Hochschulen über diesen privatrechtlichen Verein bewerben und somit im Gegensatz zu deutschen Staatsangehörigen Gebühren bezahlen, um sich überhaupt auf einen Studienplatz an einer öffentlichen Hochschule bewerben zu können. Die Gebühren orientieren sich dabei nicht am realen Arbeitsaufwand der Prüfung durch uni-assist, sondern am Pass der Bewerber*innen. Dies stellt eine klare herkunftsbezogene Diskriminierung dar. Mit der geplanten drastischen Preissteigerung verstärkt sich die diskriminierende Wirkung des Verfahrens für internationale Studienbewerber*innen gegenüber deutschen Studienbewerber*innen nun nochmals. 2011 bis 2013 hat uni-assist e.V. nach eigener Aussage allein für Berliner Universitäten die Bewerbungen von 18.456 EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern und von 21.319 Drittstaatenangehörigen bearbeitet. Derweil erwirtschaftet uni-assist Überschüsse mit den Geldern von Menschen, die möglicherweise nie einen Studienplatz in Deutschland erhalten werden. Uni-assist selbst stellt sich als Service dar, allerdings ist es für Studienbewerber*innen in erster Linie mit Kosten und Problemen verbunden. Immerhin scheitert nach Informationen des AStA FU an der FU ungefähr jede zweite Bewerbung an der Vorprüfung durch uni-assist. Übersetzungen, Beglaubigung von Zeugnissen, Porto, Visum, Reisekosten für etwaige Vorstellungsgespräche – all dies sind Hürden, die keineswegs durch uni-assist abgebaut werden, sondern zusätzlich zu uni-assist bestehen. Die Bewerbung an einer „internationalen Netzwerkuniversität“ kann somit durch die zusätzlichen Gebühren bei uni-assist für internationale Studienbewerber*innen schnell sehr teuer werden. Dem Berliner Senat ist diese Kritik bekannt. Dennoch wird sie, wie kürzlich in einer Antwort der zuständigen Berliner Senatsverwaltung auf eine Anfrage von Martin Delius (Piratenpartei), heruntergespielt: „Bei dem hohen Antragsaufkommen bleibt Kritik nicht aus.“ Die Verantwortung für die weitere Optimierung der Arbeit des Vereins sieht der Berliner Senat bei den Hochschulen. Der Kritik an dem Verfahren dürften derartige Reaktionen keinen Abbruch tun. Sie ist nicht neu und sie wird immer vehementer. Im Jahr 2006 drohte uni-assist e.V. dem AStA der Uni Potsdam noch mit einer Klage, nachdem dieser bereits damals den diskriminierenden Charakter der Bewerbungspraxis kritisiert hatte. Mittlerweile greifen auch Akteure wie der Akademische Senat sowie die Leitung der HU Berlin diese Kritik auf. Im Akademischen Senat der FU hat der AStA FU nun – analog zu einem studentischen Antrag an der HU – den Ausstieg aus dem Verfahren beantragt. Der Beschlussentwurf sieht vor an der FU “alternative Prozesse für das Bewerbungs- und Zulassungsverfahren für Bewerber*innen mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung zu entwickeln, die eine nicht-diskriminierende Behandlung dieser Bewerber*innen sichern und Rechtssicherheit im Bewerbungsverfahren schaffen. Hierzu soll ausdrücklich auch ein Austritt aus uni-assist e.V. in Erwägung gezogen werden.“ Darüber hinaus beschloss das Studierendenparlament der FU Berlin am 14.02.2014 mit breiter Mehrheit eine Resolution, in der es unter anderem heißt: „Das Studierendenparlament fordert das Präsidium der Freien Universität Berlin auf, schnellstmöglich alle Verträge mit „uni-assist e.V.“ zu kündigen, damit das Bewerbungsverfahren zum Wintersemester 2014/15 bereits ohne diese rassistische Praxis stattfinden kann. Wir unterstützen den AStA in seinen Engagement gegen die Zusammenarbeit der FU mit uni-assist e.V.“. „Die FU Berlin muss sich – gerade als immer wieder selbst postulierte internationale Netzwerkuniversität – deutlich gegen die geplante Beitragserhöhung und darüber hinaus gegen die Bewerbungspraxis für internationale Studierende über uni-assist im Allgemeinen positionieren. Für den AStA FU ist das Bewerbungsverfahren über uni-assist nicht tragbar, da es eine strukturelle Ungleichbehandlung auf Basis der Herkunft von Studienbewerber*innen darstellt und bestehende Hürden für internationale Studienbewerber*innen nicht abbaut, sondern verstärkt. Auch das Outsourcen von originär öffentlichen Aufgaben an privatrechtliche Vereine halten wir für in höchsten Maße bedenklich und lehnen es ab. Das Verfahren über uni-assist entzieht sich in der Praxis jeder demokratischen Kontrolle, da sich Hochschulen und Landesregierungen darüber ihrer politischen Verantwortung entziehen. Der AStA FU fordert daher den Austritt der FU Berlin aus uni-assist e.V.“, sagt Philipp Bahrt vom Referat für Kommunikation und Antirepression des AStA FU.   Weiterführende Links: Gemeinsame Pressemitteilung von fzs und BAS: „Uni Assist: Diskriminierung abschaffen!“ http://www.fzs.de/en/presse/317508.html AStA Uni Kassel: „AStA fordert Unileitung auf Gebührenerhöhungen bei uni-assist zu verhindern“ http://www.asta-kassel.de/asta-fordert-unileitung-auf-gebuhrenerhohungen-bei-uni-assist-zu-verhindern/ AStA TU Berlin: „Uni-(r)assist nicht an der TUB und nirgendwo!“ http://asta.tu-berlin.de/presse/uni-rassist-nicht-an-tub-und-nirgendwo RefRat HU Berlin: „Pressemitteilung der studentischen Vollversammlung der HU am 30.01.2014“ (siehe 8.) http://www.refrat.de/article/news.140130-VV-PM.html?1391597436 RefRat HU Berlin: „HU Berlin entfernt Portrait von Antirassistin und ehrt stattdessen NSDAP-Mitglied Adolf Butenandt“ (siehe 3. Absatz) http://www.refrat.de/article/portrait.html?1386595767 AStA Uni Potsdam: „AStA präzisiert Kritik an uni-assist“ https://www.asta.uni-potsdam.de/2006/03/asta-praezisiert-kritik-an-uni-assist/ Antwort des Berliner Senats auf schriftliche Anfrage von Martin Delius (Piratenpartei) zu uni-assist http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/17/SchrAnfr/S17-13177.pdf Tagesspiegel: „Kritik an Uni-Assist – Die Humboldt-Uni will Service-Verein kritisch prüfen“ http://www.tagesspiegel.de/wissen/kritik-an-uni-assist-die-humboldt-uni-will-service-verein-kritisch-pruefen/9391818.html taz: „Bewerbungen über uni-assist – Hindernis für ausländische Studenten“ http://www.taz.de/!24116/ DLF: „Streit um Uni-Assist – Servicestelle für ausländische Studienbewerber in der Kritik“ http://www.deutschlandfunk.de/streit-um-uni-assist-servicestelle-fuer-auslaendische.680.de.html?dram:article_id=278662

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