Offener Brief an Jürgen Zöllner wegen der Benennung ins Kuratorium der "F"U

Der AStA FU unterzeichnet den offenen Brief des Arbeitskreis Hochschulpolitik, in dem der ehemalige Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner aufgefordert wird, auf eine Benennung ins Kuratorium zu verzichten. Aufgrund seiner hochschulpolitischen Positionen ist Jürgen Zöllner in dieser Position untragbar. Eine Benennung würde die "F"U nach einer Reihe von Skandalen politisch weiter beschädigen.   Sehr geehrter Herr Zöllner,   als politisch interessierte Studierende haben wir erfahren, dass das  Präsidium der „Freien" Universität Sie als Mitglied des Kuratoriums vorgeschlagen hat. Der Akademische Senat soll die Benennung in der kommenden Sitzung am 03.12.2014  bestätigen. Wie der Tagesspiegel am 15.10.2014 berichtete, ist Ihre Benennung zum Kuratoriumsvorsitzenden der Humboldt Universität wohl an „internen Widerständen“ gescheitert. Hiermit fordern wir Sie auf, auch von einer Mitgliedschaft und einem Vorsitz im Kuratorium der „Freien" Universität Abstand zu nehmen.   Das  Kuratorium hat als „zentrales Organ des Zusammenwirkens von Hochschule, Staat und Gesellschaft“ (§§ 1 Teilgrundordnung FU, 51 Berliner Hochschulgesetz) weitreichende Kompetenzen wie die Feststellung des Haushaltsplans oder die Wahl des Kanzleramts der „F“U. In dieser äußerst relevanten Position wären Sie nicht nur für die Studierenden untragbar, eine Benennung würde zudem die „Freie“ Universität nach einer Reihe von  Skandalen wie der Geheimkonten-Affäre im Mai dieses Jahres oder der gewaltsamen Unterdrückung studentischer Mitsprache am Rande der AS-Sitzung in Teltow im Februar 2013 politisch weiter beschädigen.   Sichtbarkeit auf Kosten von Wissenschaftlichkeit   In Ihren marktwirtschaftlich orientierten wissenschaftspolitischen Äußerungen (Grundsatzschrift „Masterplan Wissenschaft 2020“, 2013, Link: http://edoc.bbaw.de/volltexte/2013/2493/pdf/BBAW_Wissenschaftspolitik_8_2013_a1b.pdf) führen Sie aus, dass in der Wissenschaft „Sichtbarkeit und  Aufmerksamkeit wichtiger als Geld" seien: „Wenn täglich 200 Fachartikel in einem Fachgebiet erscheinen, liest man den Artikel vom MIT und nicht  mehr den aus Passau, Osnabrück oder Duisburg.“ Wenn die Konkurrenz um  Aufmerksamkeit an die Stelle von inhaltlicher Auseinandersetzung als Bewertungsmaßstab für Wissenschaft tritt, ist das eine bedenkliche Entwicklung. Als Wissenschaftspolitiker wäre Ihre Aufgabe,  diese Diagnose zu problematisieren und nach alternativen  Lösungsvorschlägen zu suchen. Stattdessen nehmen Sie diesen Zustand als Naturgesetz hin; Sie sehen ein Problem nur in der unterstellten fehlenden Hör- und Sichtbarkeit Deutschlands im Konzert der Wissenschaftsgroßmächte.   Elite statt kritischer Wissenschaft für alle   Ist das Ziel, die Sichtbarkeit deutscher Hochschulen zu erhöhen, so erst mal als "alternativlos" im System ausgegeben, geht es nur noch um die bestmögliche Umsetzung. Ihr  Eintreten für die Exzellenzinitiative und deren Verstetigung in Folgestrukturen erscheint hier als konsequenter Schritt. In einem aufwendigen bürokratischen Verfahren wird versucht, die bisher relativ egalitäre Hochschullandschaft in Deutschland zu beseitigen, zugunsten  öffentlichkeitswirksamer „Leuchttürme der Wisssenschaft“ – Technokratie par excellence. Ihrer Argumentation folgend ist nur die "Spitze" in der Lage, wissenschaftsrelevante Forschung zu betreiben, während die "Breite" nur einen Anwendungs- und Vermittlungsauftrag hat. Selten hat ein hochrangiger SPD-Bildungspolitiker so offen soziale Selektivität im Bildungssystem propagiert. Aus studentischer Perspektive gleicht das  System dem der 50er und 60er Jahre: Studieren können nur Wenige, die meisten sollen eine Berufsausbildung machen. Heute soll es dafür offenbar das wissenschaftliche Studium an einer Forschungsuniversität für Wenige geben, und die wissenschaftsbasierte Berufsausbildung an einer Lehruniversität für die Massen.   Studierende als Finanzquelle des deutschen Hochschulsystems    Völlig unverständlich ist für uns, wie Sie weiterhin Studiengebühren im allgemeinen und speziell für Studierende aus Nicht-EU-Ländern fordern  können, nachdem diese politisch endgültig diskreditiert sind. Internationale Studierende sind nicht primär eine "Zielgruppe" für  "Einnahmen für unsere Hochschulen". Viele Studierende aus diesen Ländern verfügen entgegen Ihrer Darstellung nicht über genügend finanzielle Mittel aus ihrer Familie oder aus Stipendien. Ihr Vorschlag, Studierende aus „Entwicklungsländern“ oder „besonders Begabte“ auszunehmen, bleibt Kosmetik.   Repressive Studienbedingungen statt individueller Entwicklung   Ebenso studierendenfeindlich in vielen Punkten ist die Neufassung des Berliner  Hochschulgesetzes, die in ihrer Zeit als Wissenschaftssenator erfolgte.  So sieht das neue Hochschulgesetz neben der Einschränkung der  Wahlfreiheit auch die Möglichkeit frühzeitiger Zwangsberatungen und  Beschränkung der Wiederholungsprüfungen vor. An das Nichterfüllen der Auflagen und das endgültige Nichtbestehen von Prüfungen ist das  drastische Sanktionsinstrument der Zwangsexmatrikulation gekoppelt.   Neben diesen inhaltlichen Punkten halten wir auch das nicht-öffentliche Wahlverfahren für demokratisch bedenklich. Wenn neuerdings Wahlen zu wichtigen universitären Ämtern unter Ausschluss der interessierten Öffentlichkeit erfolgen mit Verweis auf das  Persönlichkeitsrecht, weil dabei möglicherweise über die zur Wahl  stehenden Personen diskutiert wird, lässt sich ernsthaft nach der Legitimität solcher Wahlen fragen. Selbst die Debatte über dieses Verfahren versucht die Universitätsleitung durch ihre Protokollpolitik zu zensieren.   Wir fordern Sie daher noch einmal nachdrücklich auf, im Interesse der Universität und insbesondere im Interesse der Studierenden der „Freien" Universität - und jener, die es einmal werden wollen - auf eine Mitgliedschaft im Kuratorium der "F"U zu verzichten.   Initiator: Arbeitskreis Hochschulpolitik (Kontakt: ak [dot] hopo [at] gmail [dot] com)    

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