Jürgen Zöllner ins Kuratorium benannt – Demokratie an der "F"U erreicht neuen Tiefstand

Auf der Sitzung des Akademischen Senats (AS) am 03.12.2014 wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit der ehemalige Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner ins Kuratorium der "Freien" Universität benannt. Die studentische Öffentlichkeit auf der Sitzung erwirkte zuvor eine 20-minütige öffentliche Fragerunde mit Zöllner. Im Verlauf der Sitzung kam es zu üblen Beschimpfungen der Studierendenvertreter*innen durch professorale Mitglieder des Gremiums. Zöllner selbst versteckte sich hinter der präsidialen Mehrheit und legitimierte auf diese Weise die Hetze gegen Studierende. Der AStA FU warnt vor der möglichen Wahl Zöllners zum Vorsitz des Kuratoriums und weist die zahlreichen verbalen Aussetzer von Mitgliedern der Präsidiumsfraktionen gegenüber Mitgliedern der Studierendenschaft aufs Schärfste zurück. Zunächst wurde ein im Vorfeld veröffentlichter offener Brief des studentischen Arbeitskreises Hochschulpolitik verlesen, in dem Zöllner aufgefordert wurde auf eine Wahl ins Kuratorium zu verzichten. Begründet wurde dies mit dem als problematisch empfundenen Wissenschaftsverständnis Zöllners, seiner als elitär und ungerecht bewerteten Wissenschaftspolitik als Berliner Wissenschaftssenator, seiner markt- und eliteorientierten gegenwärtigen hochschulpolitischen Positionierung sowie mit dem als intransparent und undemokratisch kritisierten Wahlverfahren. Als mit der nicht-öffentlichen Befragung Zöllners begonnen werden sollte, weigerte sich die zahlreich erschienene studentische Öffentlichkeit den Saal zu verlassen. In der Folge kam es zu tumultartigen Szenen im Sitzungssaal. Schließlich wurde als Kompromissvorschlag eine Sitzungsunterbrechung von 20 Minuten ausgehandelt, in der die studentische Öffentlichkeit dem mittlerweile anwesenden Jürgen Zöllner Fragen stellen durfte. Die professorale Fraktion der "Vereinten Mitte" verließ für diesen Zeitraum demonstrativ den Saal. Die Befragung wurde nach Ablauf der Zeit durch das Präsidium abrupt abgebrochen und die Öffentlichkeit endgültig des Raumes verwiesen. Nach der anschließenden nichtöffentlichen Befragung stimmte der AS mit 13:5:4 Stimmen für den Vorschlag des Präsidiums, der neben Zöllner noch Johannes Evers (Vorstandsvorsitzender der Landesbank Berlin Holding AG und der Landesbank Berlin AG), Jörg Hacker (Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften in Halle), Karl-Heinz Hoffmann (Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften) und Margret Wintermantel (Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes) enthielt. Diffamierung statt inhaltlicher Diskussion: Studierendenvertreter wird öffentlich als „Verbrecher“ bezeichnet Während der Senatssitzung forderten die Studierendenvertreter*innen mehrfach das Recht der interessierten Öffentlichkeit ein Zöllner selbst zu befragen oder der Befragung zumindest beiwohnen zu dürfen. Daraus entwickelten sich mehrfach hitzige Debatten, in deren Verlauf einzelne Mitglieder des Akademischen Senats die von studentischen Vertreter*innen initiierte Diskussion als "Kasperletheater" abqualifizierten. Ein Studierendenvertreter wurde als "Verbrecher" - wegen des Stehlens wertvoller Zeit eines professoralen Mitglieds - bezeichnet. Dabei hatte er zuvor lediglich einen als Kompromissvorschlag gedachten, formell völlig korrekten Antrag gestellt, der zunächst nicht zur Abstimmung zugelassen werden sollte. "Solche verbalen Ausfälle und deren großzügige Toleranz durch den Rest des Akademischen Senats zeigen wie tief die demokratische Kultur in diesem Gremium bereits gesunken ist. Zahlreiche Mitglieder glauben sich nicht im Geringsten an die so oft von den Studierenden eingeforderten 'demokratischen' Gepflogenheiten halten zu müssen und sind sich nicht zu schade als Stimmvieh für jede noch so absurde Entscheidung herzuhalten" sagt Philipp Bahrt, Referent für Kommunikation und Antirepression des AStA FU. "Bei solchen Sitzungen wollen die Meisten ganz schnell wieder nach Hause gehen – da sind inhaltliche Auseinandersetzungen nicht erwünscht. Sehr wohl aber bleibt genug Raum für das genüssliche Ausbreiten verbaler Entgleisungen und persönlicher Diffamierungen gegenüber der eigenen Studierendenschaft." Entscheidung erinnert eher an Ordinarienuniversität der 50er und 60er Jahre als an moderne und demokratische Universität "Wenn der Akademische Senat der 'Freien' Universität in nicht-öffentlichen Wahlverfahren bei einseitigem Vorschlagsrecht der Hochschulleitung kein Problem sieht, muss er sich fragen lassen, ob seine Haltung zu einer modernen und demokratischen Hochschule passt. Inhaltlich erinnert diese Haltung nämlich eher an die autoritäre Ordinarienuniversität der 50er und 60er Jahre" findet Robert Haltaufderheide, Referent für Lehre und Studium des AStA FU. "Für diesen Skandal ist nicht nur der Akademischen Senat und das undemokratische Verhalten der professoralen Fraktion 'Vereinte Mitte' verantwortlich, sondern auch Herr Zöllner selbst", ergänzt Haltaufderheide: "Demokratie braucht auch ausreichend Zeit für kritische Auseinandersetzungen und Diskussionsprozesse. Herr Zöllner hätte an dieser Stelle die erforderliche Zeit für diese Prozesse einfordern müssen, statt sich hinter Verfahrensregeln und Mehrheiten eines nicht-paritätisch besetzten Gremiums zu verstecken. Vor diesem Hintergrund warnen wir davor, dass Zöllner auf der Sitzung des Kuratoriums am 12.12.2014 als neuer Vorsitzender des Kuratoriums bestimmt werden könnte. Es besteht die Gefahr, dass damit die undemokratische Kontinuität an der 'F'U auf eine neue Ebene gehoben wird".

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