Heute, am 27.1.2024 ist der 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee. Dieser Tag ist gleichbedeutend mit dem „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“. Schon gestern, um an einem Werktag eine größere Öffentlichkeit zu erreichen, wurde auf dem Campus der FU an die Opfer des deutschen Faschismus und der mit ihm kollaborierenden Wissenschaft erinnert. Auf Initiative von Prof. Reinhard Bernbeck, Prof. Susan Pollock und Dr. Manuela Bauche lud das Präsidium zu dieser Veranstaltung ein. Der AStA schloss sich dieser Einladung an und appellierte mit einer Rundmail an alle Studierenden ein antifaschistische Erinnern in Dahlem zu etablieren. Als Ort wurde die Ihnestraße 22, das heutige Otto-Suhr-Institut gewählt. Hier war bis 1945 "Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik" tätig. Dieses war ein weltweit anerkannte Forschungseinrichtung, deren Forschung selbst rassistisch, antisemitisch, sozialchauvinistisch und ableistisch (behindertenfeindlich) war, dessen "Grundlagenforschung" untrennbar mit den deutschen Kolonialverbrechen sowie mit der Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus verbunden ist.
Etwa 80 Menschen kamen zur Gedenkveranstaltung. Es wurde versucht den Opfern des deutschen Faschismus, sowie deutscher Wissenschaftsinstitutionen, in Form vorgelesener Texte eine Stimme zu geben. So wurden Texte von Primo Levi, Jorge Semprún und Otto Rosenberg, sowie ein Gedicht von Ilse Weber gelesen. Auch erläuterte Mika Kößler die Geschichte Agnes W.‘s und gab deren Widerspruch gegen ihre damals bevorstehende Zwangssterilisation wider. Das Gesetz zur Zwangssterilisation war zuvor unter Mitarbeit des damaligen Institutsleiters des KWI-A, Eugen Fischer erlassen worden.
Nach der Lesung, gingen die Erinnernden um das Institutsgebäude um am Haupteingang im Stillen Blumen unter die Erinnerungstafel bzw. auf die Stufen des Haupteingangs zu legen.
Der AStA ist der festen Überzeugung, dass dieses offizielle Gedenken unglaublich wichtig ist. Angesichts dessen, dass die gesamte Studierendenschaft über diese Veranstaltung informiert wurde, war die studentische Beteiligung verschwindend gering. Mehr studierende Teilnehmer:innen wären wünschenswert gewesen.
Dass in dieser Form von offizieller Stelle erinnert wird, ist das Ergebnis linker studentischer Selbstorganisation. Die Gedenktafel an der Ihnestraße und die Aufarbeitung der Geschichte des KWI-A’s wurde durch den Einsatz von Promotionsstudentinnen erkämpft. Und auch die Verstrickungen des Instituts in die deutschen Kolonialverbrechen, brachten Student:innen zutage. Der Präsident der FU, Günter Ziegler bezog sich in seiner kurzen Rede auch darauf, im hier und jetzt gegen rechten Hass und Hetze aufzustehen. Dem können wir uns nur anschließen, wenngleich die Kritik und Analyse der Verhältnisse, sowie die Wahl der Mittel im Kampf gegen menschenverachtende Ideologien vermutlich sehr unterschiedlich sind.
„Erinnern heißt kämpfen!“